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Digitalisierung stagniert, KI wächst rasant

Aktualisiert: 10. Jan.

Deutschland, International

Digitalisierung stagniert


Nach dem Corona-Schub geben sich viele Unternehmen mit der erreichten Digitalisierung ihrer Prozesse zufrieden. Investitionen in digitale Geschäftsmodelle und Produkte werden zurückgefahren.



Nach dem Schub zu Beginn der Pandemie ist der Digitalisierungsschwung in Deutschlands Unternehmen wieder erlahmt, zeigt der neue Digitalisierungsindex des Instituts der deutschen Wirtschaft. Nach dem Sprung von 100 auf 111 Indexpunkte zu Beginn des Jahrzehnts ist der Index im vergangenen Jahr wieder auf 109 Punkte gefallen.

Verantwortlich dafür sind der scharfe Einbruch in der Kategorie „Digitale Produkte“ und der Rückgang bei den digitalen Geschäftsmodellen, da sich die Unternehmen in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage auf ihre Kernprodukte konzentrieren und kaum Experimente wagen. „Eine stärkere Digitalisierung stellt in der derzeitigen Krisensituation für viele Unternehmen kein unmittelbares Instrument dar, um die Krise zu bewältigen oder die negativen Auswirkungen kurzfristig abzufedern – wie es in der Corona-Pandemie der Fall war“, folgern die Kölner Forscher.

Steil nach unten ging es auch beim „Humankapital“, da die Unternehmen kaum Fachleute mit digitalen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt finden. „Der zunehmende Fachkräfteengpass, ausbleibende externe Innovationsimpulse oder ein geringeres Tempo beim Ausbau der Technischen Infrastruktur wirken derzeit eher bremsend als beflügelnd“, kommentieren die IW-Forscher die Ergebnisse.

Einen nennenswerten Anstieg verzeichneten sie lediglich in der internen digitalen Qualifizierung, da die Unternehmen als Reaktion auf den Fachkräftemangel stärker in die digitale Weiterbildung investiert haben als in den Jahren zuvor.


Unternehmen geben sich mit erreichter Digitalisierung zufrieden

Nachdem in den Jahren 2021 und 2022 noch die unternehmensexternen Kategorien die Digitalisierung angetrieben haben, zeigten sich im vergangenen Jahr bei externen wie bei den internen Faktoren keine Zuwächse mehr. „Die negative Entwicklung der unternehmensinternen Kategorien könnte ein Indiz sein, dass die Wirtschaft in Deutschland insbesondere bei der Digitalisierung ihrer Prozesse oder Geschäftsmodelle an einem Punkt angelangt sein könnte, an dem weitere Verbesserungen nur mit sehr viel Aufwand möglich sind“, vermuten die Autoren.


Viele Unternehmen geben sich offenbar mit der erreichten Digitalisierung der Prozesse zufrieden – obwohl im internationalen Wettbewerb vor allem digitale Geschäftsmodelle und Produkte den Unterschied ausmachen. Der nachlassende Schwung hat Konsequenzen: Im neuen „World Digital Competitiveness Ranking“ ist Deutschland im vergangenen Jahr um weitere vier Plätze auf Rang 23 von 64 untersuchten Ländern abgerutscht.


Vorreiter legen kaum noch zu

Der genaue Blick weist große Unternehmen, die IKT-Branche und die beiden südlichen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg wie im Vorjahr mit deutlichem Abstand als Digitalisierungsvorreiter aus. Allerdings rücken die Größenklassen, die Branchen und Regionen enger zusammen, da die Vorreiter im vergangenen Jahr kaum noch zulegen konnten.


  • Auf der Ebene der Branchen nahm der Durchschnitt von 107,6 Indexpunkten im Jahr 2022 auf 105,1 Punkte im Jahr 2023 leicht ab. Spitzenreiter blieb die IKT-Branche. Sie erreicht einen Indexwert von 293,1 Punkten. Gegenüber dem Vorjahr erfährt die IKT-Branche mit einem Minus von 8,7 Punkten allerdings den stärksten Rückgang aller Branchengruppen.

  • Schlusslicht bei der Digitalisierung bleibt auch im Jahr 2023 die Branchengruppe Baugewerbe, Ver- und Entsorgung mit 67,2 Punkten. Den stärksten Zuwachs verzeichnet das sonstige verarbeitende Gewerbe mit einem Plus von 3,9 Punkten.

  • Auf der Ebene der drei Unternehmensgrößenklassen stagniert die Digitalisierung im Jahr 2023 ebenfalls. Große Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten verlieren das zweite Jahr in Folge Indexpunkte. Sie bleiben allerdings die am stärksten digitalisierte Unternehmensgrößenklasse mit 191,8 Punkten im Jahr 2023 im Vergleich zu 201,8 Punkten im Jahr 2022.

  • Mittlere Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten verzeichnen nach Zuwächsen im Vorjahr einen leichten Rückgang der Digitalisierung. Ihr Indexwert sinkt von 124,0 Punkten auf 122,3 Punkte im Jahr 2023.

  • Der Indexwert der kleinen Unternehmen mit 1 bis 49 Beschäftigten bleibt nahezu konstant bei unterdurchschnittlichen 94,5 Punkten im Jahr 2023 gegenüber 94,8 Punkten im Jahr 2022.



Der Süden liegt vorne, der Osten zurück

Die einzige Bundeslandgruppe mit einem leichten Digitalisierungszuwachs ist der Norden (Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein). Ihr Indexwert steigt von 104,1 Punkten im Jahr 2022 auf 104,5 Punkte im Jahr 2023 und klettert damit im Ranking von Platz vier im Jahr 2022 auf Platz zwei im Jahr 2023.

Die am schwächsten digitalisierte Bundeslandgruppe ist im Jahr 2023 der Osten (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen). Sie verliert 10,7 Indexpunkte und kommt auf insgesamt 98,6 Punkte.

Stark überdurchschnittlich bleibt die Bundeslandgruppe Süd (Baden-Württemberg und Bayern) mit 129,6 Indexpunkten. Sie verzeichnet einen leichten Rückgang von 2,2 Punkten und belegt damit weiterhin den ersten Rang.

Die Bundeslandgruppe West (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland) verliert 6,2 Indexpunkte und fällt auf den dritten Platz zurück.



DIGITALE TRANSFORMATION

Deutschland fällt im digitalen Wettbewerb zurück

Zwei digitale Leuchttürme können nicht darüber hinwegtäuschen: Deutschlands Position in der digitalen Welt wird immer schlechter. Das Tempo ist einfach zu gering, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können.

Das Digitaljahr 2023 hatte einiges zu bieten: Den kometenhaften Aufstieg der generativen KI und von OpenAI - inklusive einer Hollywood-reifen Führungskrise. Die Aufnahme von NVIDIA in die Champions League der Unternehmen mit einer Billion-Dollar-Bewertung und das Comeback der „Glorreichen 7“ an der Börse. Das Momentum lag in diesem Jahr eindeutig bei den Amerikanern, auch weil China weiter seinen eigenen Weg geht – trotz der Achtungserfolge von TikTok, Shein und Temu auf der Weltbühne.



Für Deutschland stehen immerhin zwei Lichtblicke in der Digitalbilanz: Die 500 Millionen Dollar, mit denen die deutsche Wirtschaft ihr Vorzeige-Startup Aleph Alpha für das KI-Rennen ausgestattet hat, und der Start des KI-Innovationsparks in Heilbronn. Doch insgesamt reichen die beiden Leuchttürme nicht aus, um die schwache Digitalbilanz Deutschlands auszugleichen:

  • In der IMD-Rangliste der digitalen Wettbewerbsfähigkeit ging es abwärts von Rang 19 auf Rang 23.

  • Im Global Innovation Index der WIPO reicht es in der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur nur noch zu Rang 32.

  • Im EU-Report zu Digitalen Dekade werden weiterhin zu geringe Digitalfähigkeiten in der Bevölkerung angemahnt. Die Kritik wird vom IMD-Report bestätigt: Rang 58 von 64 untersuchten Ländern attestieren die Forscher dem Digitalwissen der Deutschen.

  • In der Plattformökonomie ist der Anteil deutscher Unternehmen auf ein Prozent gefallen.

  • Die Quittung gibt es an der Börse: Alle Dax-40-Unternehmen zusammen werden an der Börse mit 1,7 Billionen Dollar bewertet. Apple als wertvollster Digitalkonzern bringt es allein inzwischen auf 3 Billionen Dollar.


Der Blick auf die einzelnen Digitalkategorien in der IMD-Rangliste zeigt den Nachholbedarf.


Digitale Wettbewerbsfähigkeit: Wissen

In der Kategorie „Wissen“ erzielt Deutschland in diesem Jahr Rang 14 im IMD-Ranking. Die beste Bewertung erreichen die Universitäten/Forschungsinstitute mit konstant Rang 7 im internationalen Vergleich. Auch in die Kategorie „Training und Ausbildung“ liegt Deutschland mit Rang 14 ganz gut im Rennen. Die Ausgaben für die Weiterbildung der Beschäftigten in den Unternehmen und die Zahl der Absolventen in naturwissenschaftlichen Fächern liegen im internationalen Vergleich auf vorderen Rängen. Lediglich die öffentlichen Ausgaben für Bildung liegen unter dem Durchschnitt.

Nachholbedarf gibt es aber eindeutig in der Rubrik „Talente“. Hier schlägt der 58. Platz bei den Digitalfähigkeiten der Bevölkerung negativ zu Buche. Das fehlende Digitalwissen wird auch im EU-Report zur digitalen Dekade als unterdurchschnittlich eingestuft. Digitalkurse für große Teile der Bevölkerung, wie sie in anderen Ländern üblich sind, gelten als geeignetes Instrument, um hier aufzuholen. Das gilt vor allem für das Wissen über Künstliche Intelligenz, das künftig an Bedeutung gewinnen wird.


Digitale Wettbewerbsfähigkeit: Technologie

Sehr schwach wird Deutschland in der Kategorie der digitalen Technologien bewertet. Rang 34 sind ein Armutszeugnis, da vor allem die Kommunikationstechnologie, Glasfaserdichte und die Abdeckung mit schnellem Mobilfunk international aktuell nicht wettbewerbsfähig sind, auch wenn Digitalminister Volker Wissing Deutschland in der digitalen Infrastruktur aktuell auf der „Überholspur“ sieht. Der Ausbau der Infrastruktur sei noch nie so schnell wie heute gewesen, meint der Minister.



Kritik gibt es aber auch an den regulatorischen Rahmen. Der Start eines Unternehmens oder die Entwicklung/Anwendung digitaler Technologien gelten als schwierig. In der Rubrik „Kapital“ erreicht Deutschland Rang 21 in der Welt. Die hohe Kreditwürdigkeit hilft Deutschland, aber die Finanzierung von Technologieprojekten wird kritisch gesehen. Hier gibt es jedoch einige Initiativen der Bundesregierung, die für eine Besserung sorgen könnten.

Digitale Wettbewerbsfähigkeit: Future Readiness

Die Kategorie „Future Readiness“ misst die Zukunftsfähigkeit, also wie anpassungsfähig die Unternehmen und Menschen an den digitalen Fortschritt sind, wie agil sie reagieren und wie gut die Informationstechnologie integriert wird. In dieser Kategorie ist Deutschland inzwischen auf Rang 24 abgerutscht, da die Anpassungsfähigkeit als gering eingestuft wird. Auch die digitale Partizipation erhält im internationalen Vergleich schlechte Noten, ebenso wie die Agilität der Unternehmen und der Einsatz von Big Data in Unternehmen.

Während die Vereinigten Staaten seit Jahren auf einem der vorderen Plätze in dieser Kategorie landet und China in den vergangenen Jahren 20 Plätze gutgemacht wird, wird Deutschland hier stetig nach hinten durchgerecht. Verbesserungen lassen sich hier nicht so einfach erzielen, da viel auf die Veränderungsbereitschaft ankommt, die hierzulande traditionell eher gering ist. Dies lässt sich in vielen digitalen Technologien wie dem Cloud Computing sehen, die in Deutschland nur mit Verzögerung eingesetzt oder eingeführt werden.

Insgesamt zeigen sich in Deutschland zwar einige Fortschritte, zum Beispiel in der digitalen Infrastruktur und dem regulatorischen Rahmen, aber Agilität und Anpassungsfähigkeit sowie die digitalen Fähigkeiten entwickeln sich eindeutig zu langsam. Da andere Länder mehr in diese Felder investieren, wird Deutschland auch in den kommenden Jahren wahrscheinlich weiter an digitaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren.



Künstliche Intelligenz wächst rasant


Der Markt für Künstliche Intelligenz hat mit ChatGPT enorm an Schwung gewonnen und wird auch in den kommenden Jahren das Zugpferd der Techbranche bleiben. „Wir erwarten nun, dass die Umsätze der KI-Industrie zwischen 2022 und 2027 um das 15-fache wachsen. Dies wird die KI wahrscheinlich zu einem der am schnellsten wachsenden und größten Segmente innerhalb der globalen Technologiebranche machen und wohl zum ‚Technologiethema des Jahrzehnts‘, da wir ähnliche Wachstumsprofile in anderen Bereichen der Technologie nicht sehen“, schreibt die Schweizer Bank UBS in ihren jüngsten Bericht.


Die Banker haben ihre Wachstumsprognose für den KI-Markt aufgrund der steigenden Nachfrage nach KI-Anwendungen und Modellen gerade um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr angehoben. Die größten Teile des KI-Marktes machen die heute dominante Infrastruktur, künftig aber auch die KI-Anwendungen und Modelle aus, die auf der Infrastruktur aufbauen.


KI-Infrastruktur

Die KI-Infrastruktur umfasst hauptsächlich Ausgaben für das Training und den Betrieb der Modelle und Anwendungen. Dazu gehören Ausgaben für das Computing, Grafikprozessoren (GPUs) und andere Chips sowie Infrastrukturausgaben für Hardware, einschließlich Netzwerktechnik oder Edge-AI-Geräte. Dieses Segment werde jährlich um 50 Prozent zulegen, schätzen die UBS-Banker. Hersteller von Nvidia oder künftig auch AMD könnten also dauerhaft auf eine starke Nachfrage hoffen.


Der App-Store-Moment

Das größere Wachstum wird aber bei den Anwendungen und Modellen erwartet. Viele Marktbeobachter sehen im Start des Open-AI-App-Stores eine Parallele zum Start des Apple-App-Stores für das iPhone im Jahr 2008. Denn nicht die Erfindung des Gerätes, sondern erst die spätere Einführung des App-Stores hat damals die Nachfrage sprunghaft steigen lassen. Erst die App-Ideen der vielen externen Entwickler haben das iPhone für viele Menschen so wertvoll gemacht, dass sie bereit waren, für ein iPhone etwa das Zehnfache des Preises eines normalen Mobiltelefons zu zahlen. Ein ähnlicher Effekt wird nun bei der generativen KI erwartet, wenn spezialisierte Anwendungen (GPTs) die Nutzung vereinfachen und die Qualität der Ergebnisse verbessern.

Die starke Nachfrage nach Ko-Piloten und anderen Software-Assistenten könnte die Menschen produktiver machen – und sich damit schnell rechnen. Das globale Produktivitätswachstum hat in den vergangenen Jahren aufgrund begrenzter Innovationen und eines Mangels an „Killer“-Apps abgenommen. KI könnte diesen Trend umkehren und die Produktivität ankurbeln, wenn die Ko-Piloten die Büroproduktivität steigern können. Microsoft hat auf seiner jüngsten Ignite-Konferenz behauptet, dass Benutzer mit Ko-Piloten Aufgaben wie die Suche, das Schreiben von Texten oder Zusammenfassungen 29 Prozent schneller erledigen könnten. Nach UBS-Schätzungen könnten diese Ko-Piloten und Software-Assistenten im Jahr 2027 Einnahmen von 40 Milliarden Dollar erreichen, was die Banker bei nur 4 bis 5 Prozent der globalen Softwareindustrieumsätze selbst als sehr konservativ betrachten.


KI in der Werbung

Mit 65 Milliarden Dollar spielt das Segment „Werbung“ in der Prognose eine große Rolle. 8 bis 10 Prozent der globalen Werbeindustrie würden bis 2027 auf die KI entfallen, lautet die Schätzung. Der erste Weg ist die Inhalteerstellung. Generative KI könne neue Inhalte in Texten, Bildern, Videos und anderen Multimedia-Formaten erstellen, die für zusätzliche Einnahmen bei Internetunternehmen führen. Frühe Trends zeigen bereits, wie von KI generierte Artikel von Medienunternehmen verwendet werden und wie KI-erstellte Bilder und Videos für Werbeanzeigen genutzt werden. Zweitens können Chatbots neue Einnahmequellen aus Abonnements bieten, zur Verbesserung des Kundenservice und als persönlicher Begleiter/Assistent verwendet werden. Character AI sei ein Beispiel für einen beliebten kostenpflichtigen Chatbot. Der dritte Weg führe über personalisierte Inhalte, die von Streamingdiensten oder Werbeunternehmen genutzt werden können, um die Nutzerbindung zu erhöhen. Und schließlich können prädiktive und andere Analysen von digitalen Medien- und E-Commerce-Unternehmen verwendet werden, um neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen.

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